Wir waren auf einer Gipfelkonferenz nahe der Grenze. Dort tagte eine wichtige Runde. Weil die Geheimhaltung leider nicht perfekt klappte, gaben wir dann Zwischenergebnisse einfach bekannt: live "vor Ort", wie man so sagt. Es gelang noch, diese Bekanntgabe offiziell als Konzert zu tarnen. Klang ziemlich authentisch. Auch das Publikum: nicht groß, aber glaubwürdig. Aus denen wird noch mal was!

Für uns aber wichtiger: die Schar hinter den Kulissen. Wir Singvøgel fielen dort nur spirituell etwas aus dem Rahmen und insofern auch auf. Nicht, daß man sich ansonsten ähnlich gesehen hätte oder zu ähnlich geklungen. Darum ging´s ja grad: um Eigenarten schrulliger Käuze. Einer anders als die andere. Früher hätte man von "Persönlichkeiten" gesprochen. Aber seit man´s solchen nicht mehr ansehen darf, daß sie welche sind, versammeln sich die letzten ihrer Art halt ggf. auch in einer kalten Kirche in Frankfurt an der Oder. Tauschen sich aus.

Bei all den Gitarren hätte man wirklich meinen mögen, man sei auf ein Liedermachertreffen geraten. Von wegen. Desperados sind wir. Freibeuter und Glücksritter. Widerstandskämpfer zwischen Aldi und Sexshop. Samtweiche Kerls und harte Mädchen. Ihr hättet die Sessions hören sollen, nachts. Tags verglichen wir unsere Schätze. Textperlen und Zupfgold. Und debattierten über das bestmögliche Schleifen kleiner Rohdiamanten. Der Abschied viel zu früh. Was soll man machen: Piratenlos.

Manchmal, heißt es, begegnen sich Boote auf hoher Fahrt. Bei dem Gegenwind heutzutage ist es für die meisten eine halbe Tauchfahrt. Und mancher hat zerfetzte Segel. Aber wir grüßen uns. Jeder hat so seinen Dreh. Der eine macht Tempo und läßt es mächtig rütteln. Die andere verwandelt sich an Land und hinterläßt eine glitzernde Spur. Ahoi, alle. Wir sangen vom Feuer, ihr gabt uns welches. Wann ist Wiedersehen? Auf dem nächsten Gipfel. Laßt euch nicht kielholen bis dahin.

dm